Das bewusste Akzeptieren der Krise kann uns helfen
«Viele hat die Pandemie aus der Bahn geworfen», sagt Beate Immel, Leitende Ärztin der Klinik Schützen, Rheinfelden, «weil Angehörige erkrankt oder sogar verstorben sind, die Genesung auf sich warten lässt, finanzielle Sorgen sie beschäftigen oder die anhaltenden Einschränkungen des sozialen Lebens sie zunehmend belasten. Die Pandemie zeigt uns auf, wie fragil und verletzlich wir Menschen sind und wie schwer eine andauernde Belastung sein kann», so Immel. Doch: «Krisen, auch wenn dies schwer zu akzeptieren ist, gehören zu unserem Leben und führen bestenfalls dazu, dass wir uns verändern. Einfach, weil es sein muss und uns nichts anderes übrigbleibt».
Wenn wir versuchen, uns auf das Positive zu konzentrieren und den Ausnahmezustand – so herausfordernd das ist – anzunehmen, kann uns dies bei der Bewältigung der Krise helfen. Allerdings dürfen wir Hilfe von Nahestehenden oder Fachleuten annehmen, wenn die Belastung zu gross wird und wir selbst keinen konstruktiven Umgang mit der aktuellen Lage mehr finden.
Momente der Erholung schaffen
Doch wie gelingt es, eine positive Haltung einzunehmen und negative Gedankenspiralen zu stoppen, wenn wir ständig mit steigenden Fallzahlen, Erkrankungen, Einschränkungen und Quarantäne konfrontiert werden? Ein achtsamer Umgang mit sich selbst kann dabei helfen. Mit bewussten Erholungsmomenten, genügend Schlaf, viel frischer Luft und körperlicher Betätigung können wir unser Wohlbefinden positiv beeinflussen. Wenn wir uns selbst Zeit schenken und in Aktivitäten eintauchen, die uns Freude bereiten, können wir den Alltag vergessen und Energie tanken. Auch der Austausch mit Menschen, die uns guttun und von denen wir uns akzeptiert fühlen, kann unsere Stimmung positiv beeinflussen.
Oft sind wir allerdings dazu verleitet, ständig neue Nachrichten und Mitteilungen auf unseren mobilen Geräten abzurufen, Social-Media-Kanäle zu checken und verweilen dabei oft länger auf den Kanälen als gewollt. Gerade in der aktuellen Situation ist ein sorgsamer Medienkonsum wichtig. Wer die Nachrichten nur einmal täglich konsumiert, nur zuverlässigen Informationsquellen vertraut und sich beispielsweise feste Zeiten für das Surfen auferlegt, tut sich und seiner Gesundheit Gutes. Was für den Medienkonsum gilt, sollte auch für den Konsum von Alkohol gelten: im Mass und bewusst.
Familien sind gefordert
Die kommenden Monate könnten insbesondere für Familien nochmals zur Zerreissprobe werden. Quarantäneanordnungen und Fernunterricht sind Teil des Schulalltags geworden und nehmen wieder zu. Die Betreuungsorganisation, die schulische Unterstützung und die Nähe untereinander können im gemeinsamen Familienhaushalt zu Spannungen führen. Es erfordert von allen Beteiligten ein hohes Mass an Respekt, Rücksichtnahme und Einfühlungsvermögen. Klare Tagesstrukturen mit festgelegten Zeiten für Lernen, Bewegen, Chillen, Essen, Schlafen, etc. sowie regelmässige gemeinsame Rituale können hier helfen und die Situation entspannen. Bei Verzweiflung, psychischen Schwierigkeiten oder gar häuslichen Konflikten sollte man allerdings nicht zögern und Hilfe bei Fachleuten suchen.
Wenn nichts mehr geht
Wenn Schlafprobleme, Sorgen und Ängste zunehmen und die Probleme nicht mehr selbst zu bewältigen sind, ist es ratsam, rechtzeitig Hilfe und Unterstützung anzufordern und sich nicht gesellschaftlich zu isolieren. Dabei können ambulante, tagesklinische oder stationäre Aufenthalte mit effektiven Therapie- und Behandlungsformen zu neuer Stabilität, Sicherheit und Lebensqualität verhelfen. Für Angehörige von Betroffenen, die sich mit der Situation überfordert und alleingelassen fühlen, bietet die Klinik Schützen ein kostenloses Beratungstelefon an. Telefon: 061 836 25 27, Montag: 17.00 – 18.00 Uhr, Donnerstag, 12.15 – 14.15 Uhr.
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